Inzwischen ist es fast fünf Monate her, dass ich das letzte Mal hier geschrieben habe. Damals war Frühling – jetzt liegt schon der Kalender für 2026 neben mir. Wie schreibe ich weiter? Wie kann ich in einem Beitrag von fünf Monaten erzählen?
Ich merke, ich tue mich schwer. Es ist viel passiert und nicht viel.
In der Reha im Juli habe ich den Schwarzwald erkundet und viel Sport gemacht. Ich habe gemalt und gelesen, die Gespräche mit meiner Tischnachbarin genossen und es ist mir gelungen, mein Handy in die Ecke zu verbannen. Das tat gut!
Im Sommerurlaub waren wir auf einem Bauernhof in einem stillen, grünen Kärntner Alpental und haben im Wald haufenweise Himbeeren gepflückt. Und ich bin hineingefallen in das Buch „Gottsuche mit Ignatius von Loyola“, das mich dort im Regal gefunden hat.
Auch das ist schon wieder acht Wochen her.
Das Leben rennt, und ich?
Ich stelle fest, das Leben rauscht weiter. Immer wieder auch mit guten und neuen Impulsen. Wie gern würde ich sie festhalten oder bei einem bleiben. Aber dann kommt schon wieder die nächste gute Idee um die Ecke. Es gibt so viele gute Ideen.
Ich leide am Zuviel. Zugleich fasziniert es mich. Wie komplex unsere Welt ist, wie verwoben die Themen! Das Internet mit seinen unendlich vielen Möglichkeiten ist dabei für mich Segen und Fluch zugleich.
In der Reha habe ich abends manchmal einfach am Schreibtisch gesessen und mit Wasserfarben gemalt. Wilde Bilder, ruhige Bilder, verrückte Farbkombinationen, manchmal nur einen dunklen Hintergrund mit einem knalligen Mond davor. Ich habe Federn gemalt, die in den Himmel fliegen.
Malen zeigt Sehnsucht.
Pausen und Neuanfänge
Ich sehne mich nach wildem Leben und echter Ruhe, nach fluffiger Leichtigkeit und leuchtender Farbe. Zugleich hocke ich in meiner Realität, versuche, wieder im Normal anzukommen. Ich will mir vom Krebs keine Angst mehr einjagen lassen und in ein Leben hineinfinden, das für mich passt.
Eigentlich dachte ich, dass der Krebs bei mir gar nicht so viel auf den Kopf stellt. Aber irgendwie tut er das doch. Die fünf Buchstaben laufen jetzt einfach mit. Nicht immer lautstark, aber sie sind da.
Ich brauchte die Blogpause, um mich zu sortieren. Ich habe gezögert, wieder zu starten, weil ich längst nicht sortiert bin. Trotzdem habe ich jetzt den Eindruck, die Zeit ist reif. Es könnte vor allem mir guttun, wieder zu schreiben.
Ich würde mich an den erinnern, der mich im Staunen und Stolpern trägt.
Wie kann ich Gott für mich sorgen lassen? Wie geht Vertrauen? Wie schaffe ich es, nicht auf meine Ängste hereinzufallen? Wie finde ich wieder Freude? Wie kann ich gute Gedanken denken? – Das sind einige der Fragen, mit denen ich gerade unterwegs bin.
Das überlasse ich Gott!
In der Reha bin ich über Psalm 131 gestolpert, der ganze drei Verse hat. Berührt haben mich die mittleren: „Ich beschäftige mich nicht mit Dingen, die zu groß oder zu wunderbar für mich sind. Ich bin ganz still und geborgen, so wie ein Kind bei seiner Mutter. Ja, wie ein Kind, so ist meine Seele in mir.“ (Vers 1–2)
Ich beschäftige mich – anders als David – zu gern mit Dingen, die zu groß und zu wunderbar für mich sind. Und dann wundere ich mich, dass sie mich fertigmachen, weil ich ohnehin nicht alles lösen und verstehen kann. Und weil ich doch irgendwann immer loslassen und vertrauen muss.
David sagt: „Nein, ich machʼ das nicht mehr! Was zu groß für mich ist, lasse ich stehen. Das überlasse ich dem, der dafür zuständig ist: meinem großen Gott.“ – Vielleicht kann er nur deshalb im nächsten Satz sagen: „Ich bin ganz still und geborgen, so wie ein Kind bei seiner Mutter.“
Das überlasse ich dem, der dafür zuständig ist: meinem großen Gott!
Ruhig und entspannt
„Ich bin ganz ruhig und entspannt.“ Diesen Satz habe ich in der Reha oft beim Entspannungstraining gehört. Solche Sätze helfen tatsächlich dabei, loszulassen und zu entspannen. Und dann lese ich etwas ganz Ähnliches in Psalm 131! Nur dass der Psalm etwas Größeres im Blick hat.
Hier geht es nicht darum, dass ich mich selbst beruhige und herunterfahre. Nein, hier bin ich bei jemandem, bei meinem Gott, bei dem ich ruhig werden darf und der mir Ruhe schenkt, weil er die Ruhe selbst ist. Und ich darf bei ihm so still und geborgen sein wie ein Kind bei seiner Mutter. Was für ein Bild!
Ruhe finden bei dem, der die Ruhe selbst ist.
Gott, mein Umarmer
Ich hatte im Schwarzwald das Bedürfnis, diesen Vers für mich zu zeichnen, ihn festzuhalten. Ihn zu durchdringen mit Pinsel, Farbe und Gefühl ohne viel Kopf und Denken. Herausgekommen ist folgendes Bild:

Der Umarmer ist Gott. Das Gelbe, das sicher in seinem Schoß und in seinen Armen ruht, bin ich.
Das Bild berührt mich immer noch, wenn ich es ansehe. Weil es mir zeigt, wie sicher ich bei Gott bin, auch wenn ich das selten so fühle. Viel öfter komme ich mir vor wie ein Spielball, der hin- und hergeworfen wird, und Gott scheint irgendwo, nur nicht da.
Aber Gott ist da. Er war David nah. Er ist dir nah. Und mir. Gott ist und bleibt der Umarmer – in allen Fragen und Zweifeln, in allem Stolpern und Nicht-weiter-Wissen und auch dann, wenn ich mal wieder versuche zu verstehen, was zu hoch für mich ist.
Ich bin geborgen bei Gott, so wie ein Kind bei seiner Mutter. Ich bin kein Spielball in Gottes Händen.
Ich bin ein Schatz, auf den Gott gut achtet und den er wunderbar hält.
Ich weiß, diese Gewissheit wird bei mir nicht anhalten, und doch darf ich diesen Moment festhalten und mitnehmen in den Tag, in den Abend, in die Nacht. Und mich morgen wieder neu daran erinnern.
Das war der erste Blogbeitrag nach langer Pause. Danke für dein geduldiges Warten und Wieder-mit-dabei-Sein! Als ich diesen Beitrag anfing zu schreiben, hatte ich keinen Plan. Gerade staune ich, was Gott daraus gemacht hat.
Du fragst dich vielleicht auch, wie es mir gesundheitlich geht, hast vielleicht für mich gebetet. Danke dafür! Die eigentliche Brustkrebs-Therapie habe ich mit der Reha beendet. Alles, was ich jetzt noch lasse, tue oder nehme, dreht sich darum, dass ich gesund bleibe. Ich lebe gerade bewusster, überlege mehr, was ich will und was mir guttut. Entspannung bleibt eine Herausforderung für mich – angespannt bin ich superschnell, zum Loslassen brauche ich viel Zeit. Das ist auch Typsache und Genetik, insofern „Pech“, andererseits habe ich in meinem Mann und in Gott wunderbare Gegenüber, bei denen ich Loslassen und Vertrauen immer mehr lernen darf. Ich bleibe also unterwegs …
Falls du mir in der letzten Zeit eine Nachricht übers Kontaktformular geschrieben hast: Leider habe ich bemerkt, dass das im Moment nicht funktioniert. Wenn du magst, melde dich noch mal, am besten direkt an kontakt@staunen-und-stolpern.de. Danke!
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