Der Brustkrebs verändert meine Perspektive. Plötzlich spüre ich, wie sehr mich Gott hält – und wie haltlos ich mich ohne Gott fühlen würde.
„Ich drücke Ihnen die Daumen“, sagt meine Frauenärztin und blickt mich aufmunternd an, nachdem sie mit mir die Befunde aus der Klinik noch einmal in Ruhe durchgegangen ist. Nächste Station ist die OP am Freitag.
Der Spruch mit den Daumen ist gut gemeint. Ich glaube ihr, dass sie mir alles Gute wünscht und nehme ihre Wünsche gern mit. Dennoch wird mir gerade in den letzten Wochen klar, was mein Glaube an Gott mir bietet: Halt. Und zwar Halt, den Daumen nicht bieten können.
Als betender Mensch steht mir eine Ressource zur Verfügung, eine Verbindung, die über die Erde und den Brustkrebs und die beste Qualitätsmedizin hinausreicht. Es fällt mir schwer, das zu beschreiben. Ich spüre nur: Daumendrücken ist etwas ganz anderes als Händefalten.
Ich bete für dich
„Ich bete für dich“, das habe ich in den letzten Wochen oft gehört, seitdem ich offen mit meiner Diagnose umgehe. „Ich bete für dich“ – wie anders dieser Satz ist. Wie viel mehr dahinter und daneben und darüber steht! Gott eben.
Beim Daumendrücken fühle ich mich hilflos, nackt, ausgeliefert. Da kann ich mich maximal an mir selbst festhalten.
Wenn etwas wirklich wichtig ist, dann kann und will ich das nicht Daumen oder dem „Glück“ überlassen. Dann tut es gut, angebunden zu sein an den Himmel und an den, der alles in seiner Hand hat. Und der auch dann noch alles in seiner Hand hat, wenn es nicht rundläuft.
Ein Gott, der das Meer teilt
„Bei einem Gott, der das Meer teilt, da ist immer ein Weg“, schreibt und singt Timo Langner. Den Link zum Lied hat mir diese Woche eine Freundin geschickt. Das Lied bewegt mich, weckt meine Hoffnung, die so oft untergeht: Denn ja, ich glaube an einen großen Gott!
Das Lied bezieht sich auf den Durchzug des Volkes Israel durchs Rote Meer (2. Mose 14), den damals niemand auf dem Schirm haben konnte. Unmöglich! Die Realität waren die Ägypter, die von hinten mit ihren Wagen immer näher kamen, und das Meer vorn, das ein Weitergehen unmöglich machte. Israel war gefangen. – Und dann teilte Gott das Meer.
Ich glaube an diesen Gott, der damals das Meer geteilt hat. Ich glaube an einen Gott, dem ich nicht egal bin. Ich glaube an einen Gott, der Gebete hört – auch die, die ich selbst nicht als Gebet betitele, weil ich dabei einschlafe, nicht bei der Sache bin, keine Worte finde …
In den Händen dieses Gottes bin ich gehalten. Ich muss mich nur immer wieder daran erinnern, wer dieser Gott eigentlich ist! Vielleicht lese ich deswegen im Moment gern Lobpreispsalmen?
Mit Zittern und Zuversicht
Ich bin zuversichtlich. Und ich zittere.
Gerade spüre ich, dass ich den Krebs doch nicht so einfach wegstecke. Es ist eben nicht nur die Brust, nicht nur die OP. Die Diagnose und die Therapie werden mich verändern und ein tiefer Einschnitt sein, den ich mir nicht ausgesucht habe.
Zugleich bin ich getragen von vielen Gebeten und dankbar dafür. Ich bin dankbar für die gute Prognose, die ich haben darf, und für die gute Versorgung hier in Deutschland. Nichts davon ist selbstverständlich. Auch nicht, dass ich an Gott glauben darf.
Ich schätze auch gedrückte Daumen. Ich weiß, wer mir die Daumen drückt, meint das ehrlich. Und doch bin ich im Stillen froh, dass ich nicht Daumen drücken muss, sondern meine Hände falten kann. Was für ein Vorrecht!
Foto: pixabay | Tu Anh
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