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Stört mich die Abhängigkeit von Gott?

Stört mich die Abhängigkeit von Gott? Heute Morgen schoss mir die Frage durch den Kopf. Eigentlich war es weniger Frage, als vielmehr Feststellung: Ich störe mich an der Abhängigkeit von Gott.

Manchmal erschrecke ich vor meinen Gedanken, halte den Atem an, frage mich: Darf ich so denken? Darf ich sagen: „Ich störe mich an der Abhängigkeit von Gott“?

Ich will nicht abhängig sein. Ich will frei sein. „Aber Glaube macht doch frei!“, höre ich. Und denke: Eigentlich. Ja, ich weiß, Glaube ist genau das: an Gott hängen, von Gott abhängen. Und in Gott geborgen sein. Bei mir funktioniert das nicht ganz so. Ich wehre mich dagegen, der Willkür eines anderen ausgeliefert sein. Manchmal ist Gott mir zu dicht und ich fürchte mich vor dem, was er von mir wollen könnte.

Trotzdem, ich hätte gern ganz viel von Gott! Am liebsten hätte ich jeden Tag ein großes Paket von ihm vor meiner Tür stehen. Ich brauche so viel! Aber ich will auch frei sein. Ich will nicht, dass Gott persönlich mit dem Paket vor der Tür steht, womöglich noch rein zu mir will, meinen Tagesplan durcheinanderbringt, das Wohnzimmer blockiert, Wünsche anmeldet … Das ist mir zu viel. Ich fühle mich schnell gefangen, in die Enge getrieben.

Es ist mein Dilemma: Ich sehne mich nach Gott und suche seinen Raum und seine Freiheit – zugleich traue ich ihm nicht über den Weg. Ich möchte glauben, dass er gut ist – und renne doch ständig vor ihm weg. Ich bin mir nicht sicher, ob man das als Glauben bezeichnen kann. Vielleicht an Tagen, wo meine Sehnsucht stärker ist als meine Angst.

Und Gott? Wie geht es ihm mit mir und meinem Problem mit ihm? Ich spüre, die Frage lenkt den Fokus weg von mir und meiner Angst. Sie öffnet eine Tür.

Plötzlich denke ich: Vielleicht hat Gott gar kein Problem mit mir. Vielleicht ist er sogar ziemlich gelassen. Auch wenn ich das nicht nachvollziehen kann, mich oft selbst für mein Misstrauen ihm gegenüber schlage. Ich sollte doch …

„Nein, du solltest nicht.“

„Ich sollte nicht?“

„Nein, du solltest nicht.“

„Aber ich würde dir so gern trauen, dir glauben, nicht vor dir weglaufen …“

„Ich weiß.“

„Warum gelingt es mir nicht?“

„Du kennst dich und deine Geschichte.“

„Ich würde gern anders sein.“

„Ich mag dich, wie du bist. Und es reicht mir, wie du bist. Und wie du glaubst.“

„Ist es Glaube?“

„Ich sehe dich suchen, sehe deine Sehnsucht …“

„… und mein Wegrennen. Herr, du kannst dich doch unmöglich damit zufriedengeben!“

„Was du hast, reicht mir. Du musst nichts sein, was du nicht bist.“

„Wird es noch werden?“

„Es ist schon viel geworden.“

„Ich sehe so wenig.“

„Vertrau mir. Für mich ist alles gut.“

Für Gott ist alles gut. Stimmt das? Mache ich mir mehr Stress als nötig? Hat Gott gar kein Problem mit mir? Darf ich wegrennen, wenn mir danach ist – und mich ihm nahen, wenn ich es wieder kann? Darf ich sein wie ich bin mit all dem, was ich so mitschleppe?

Es tut mir leid, dass ich Gott meine Angstmuster aufdiktiere. Er kann nichts dafür. Er hat mir meine Wunden nicht geschlagen. Er ist anders. Er will mir meine Freiheit nicht nehmen, sondern geben. Er will meine Abhängigkeit von ihm nicht ausnutzen, sondern mich durch sich segnen.

Ich will frei sein. Kann es sein, dass Gott genau das gleiche für mich will?

Foto: churchphoto.de, Monika Hildebrandt


Stephanie Kelm

ist verheiratet und zu Hause im Taunus. Sie liebt es, schreibend und wandernd Gottes Welt zu entdecken und ist staunend und stolpernd unterwegs ins Vertrauen.


9 Gedanken zu „Stört mich die Abhängigkeit von Gott?“

  1. Ich habe im Moment deine Gedanken gelesen, liebe Steffi – und bin sehr berührt … beim Lesen hab ich immer wieder gedacht: Weil du SO bist, WIE du bist, bist du DIE Steffi, mit der Gott gar kein Problem haben kann. Du bist echt!!! Das liebt Gott an dir!!!! Du machst ihm nichts vor, du bist glaubwürdig! Ich bin gespannt auf das, was du weiter schreibst und freue mich darauf … Gott bestimmt auch!!!
    Wir sind in Ostfriesland zum Radeln. Ich war schon früh wach und hab den Tag mit deinen Gedanken begonnen … Du warst mir am frühen Sabbatmorgen sehr nah, liebe Steffi, deine Elke

    1. Liebe Elke, ich freue mich, dass ich heute Morgen „bei dir“ sein konnte und meine Worte dir gut getan haben. Danke für deine Gedanken für mich und deinen Zuspruch! Habt eine gute Radelzeit und bleibt behütet!

  2. Wunderbar Stephanie! Beim Lesen hat mir das Herz geklopft, so nah bist du an meine eigenen Gedanken und Gefühle gekommen. Ich finde es eine ausgezeichnete Idee mit diesem Blog! Danke! Ich freue mich auf deinen nächsten Beitrag.

  3. Liebe Steffi, ich habe auf einem Sabbatgruß den Hinweis auf deine Seite bekommen. Ich möchte dir dafür danken. Ich habe eben alles gelesen und habe seit längerer Zeit auch ähnliche Gedanken wie du. Vielen lieben Dank für Deine Offenheit und ich wünsche Dir von ganzem Herzen die Kraft zum weiteren Schreiben. Gottes Segen und Führung Brigitte

    1. Liebe Brigitte, danke für deine Nachricht und Offenheit. Ich freue mich, dass sich unsere Gedanken auf diese Weise begegnen konnten. Manchmal denkt man ja, man ist die einzige, die … Und es ist schön, wenn es nicht so ist! Dir/euch weiterhin Gottes Segen!

  4. Diese Gedanken und Wünsche können wir auch genauso auf unsere Kindheit und auf unsere Eltern übertragen. Das ist das, was Kinder sich von den Eltern wünschen und was sie brauchen. Angenommen sein, bedingungslos, immer, einfach, weil ich da bin. Was wir bekommen, entspricht dem nicht immer und unsere Zweifel gegenüber Gott entspringen diesen frühen Erfahrungen, dass wir nicht genügen könnten oder das Forderungen kommen könnten, Erwartungen, Enttäuschungen. Die Vorstellung, dass Gott Gott ist, weil er mit all dem nichts zu tun hat (vollkommen bedingungslos), ist immer wieder und zu allen Zeiten für uns Menschen fast nicht vorstellbar.

Danke für deinen Kommentar.

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