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Herr, ich brauche

Wenn es mir gut geht und ich genug zu tun habe, ist Gott ganz schnell „weg“ und außen vor.

Im Moment füllen mich die Gedanken an den Urlaub und an das, was bis dahin noch zu erledigen ist: die Nachbarin wegen den Blumen fragen, die Rückbuchung auf dem Konto prüfen, noch mal Wäsche waschen, den letzten Einkauf machen, an das Potluck in der Gemeinde denken … Dazu kommt, dass ich direkt nach dem Urlaub noch allein unterwegs sein werde und auch daran muss ich denken. Nur nichts vergessen!

Und dabei Gott vergessen.

Offiziell habe ich Gott nicht vergessen, denn ich sitze zu meiner Stillen Zeit an Ort und Stelle. Aber meine Gedanken sind woanders; sie flitzen zwischen tausend Dingen hin und her. Eigentlich könnte ich die Zeit mit Gott dafür nutzen, Gott alles hinzuhalten. Aber irgendwie schaffe ich das nicht. Und denke sogar noch: Wie schade!

Ich frage mich: Will ich wirklich bei Gott sein oder eigentlich lieber losstürzen und meine Liste abarbeiten? Schon manchmal habe ich gedacht: ‚Hinterher hast du Ruhe. Dann kannst du ja …‘ Doch hinterher wird es selten. Und Zeit mit Gott ist nun mal genau das: Anhalten. Gerade im Trubel.

Mein Wecker klingelt zum dritten Mal. Die Quiche ist im Ofen, aber immer noch nicht fertig. Also noch fünf Schlummerminuten.

Anhalten. Ich sehne mich danach, aber ich tue es oft nicht. Ich traue mir nicht, meinen Lauf zu unterbrechen, Dinge einfach liegen und Zeit verstreichen zu lassen. Warum? Was verpasse ich außer Stress?

Mein Blick fällt auf die pinke Karte vom Gemeindewochenende neulich. Ironischerweise habe ich sie selbst gemacht. Auf der Vorderseite rechts unten ist eine Grafik zu sehen: ein leerer Teller mit Besteck. Auf der Rückseite steht: „Herr, ich brauche … Deck du mir deinen Tisch.“

Herr, ich brauche. Deck du mir deinen Tisch.

Der Wecker klingelt erneut. Ich stelle ihn auf zehn Minuten. Warum braucht die Quiche heute nur so lange?

Vielleicht ist es ein größeres Kunststück als ich oft meine, ganz bei Gott zu sein. Manchmal denke ich, mit ein bisschen Disziplin und gutem Willen … Und ja, auch daran hapert es. Aber es gehört mehr dazu. Die Karte hat mich erinnert.

Ich bin so gestresst, weil ich schaffen will, weil alles klappen soll, ich nichts vergessen darf – und auf der anderen Seite ist Gott, der um alles weiß und alles mit mir gemeinsam tragen will.

„Herr, ich brauche.“ Es fällt mir schwer, Gott einfach zu sagen, was ich brauche, wirklich brauche. Natürlich, ja, ich will an alles denken und alles schaffen. Aber eigentlich brauche ich doch ganz andere Dinge – Frieden, Halt, Zuversicht. Gott eben, mit all dem, was er ist.

Herr, ich brauche. Ich brauche deine Hilfe mit dem Blogbeitrag. Du sollst es machen, so war es abgemacht. Es soll nicht meins sein, sondern deins.

Wie schnell landen Sachen, die eigentlich auf Gottes Schoß gehören, auf meiner To-Do-Liste. Und wie schön ist es, sie auf Gottes Schoß zu legen, auch wenn alles in mir diskutiert. Herr, ich gebe es dir. Mach du!

Ich bin ruhiger geworden. Ich merke, es tut mir gut. Wie komme ich nur auf den Gedanken, es hinge alles von mir ab? Ja, es hängt einiges an mir, aber Rennen hilft doch auch nicht. Im Gegenteil, wenn ich im Stress bin, nehme ich buchstäblich jede Ecke mit. Die blauen Flecken auf meinen Oberschenkeln zeugen davon. Keine Zeit für Kurven.

Herr, ich brauche dich. Ich brauche die Kurve zu dir. Lass sie mich wollen, lass sie mich kriegen. Gib mir die Verwegenheit, mir Zeit für dich zu nehmen, in deine Ruhe einzutauchen. Denn du bist doch der Herr.

Die Quiche ist jetzt übrigens fertig. Ich muss schmunzeln. Gottes Timing eben. Danke, Herr!

Foto: pixabay, Peter H.


Stephanie Kelm

ist verheiratet und zu Hause im Taunus. Sie liebt es, schreibend und wandernd Gottes Welt zu entdecken und ist staunend und stolpernd unterwegs ins Vertrauen.


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