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Keinen Kopf für Gott

Ich ärgere mich. Eigentlich wollte ich heute Morgen Sport machen, stattdessen bin ich in meiner Nachrichten-App hängengeblieben. Und jetzt kleben Putin, Lauterbach und Bohlen in meinem Kopf, genau da, wo ich gern Platz hätte für andere Gedanken. Zum Beispiel die an Gott.

Was macht man mit klebrigen Gedanken? Was macht man mit Dingen, mit denen man sich zugeschüttet hat, die man aber nicht in seinem Leben braucht? Wie wird man Gedankenmüll los? Wie wird mein Kopf wieder frei für Wichtiges, für Gott?

Ich merke, es geht schneller, mich zuzumüllen als den Müll wieder loszuwerden. Manches klebt tagelang in meinem Hirn und füttert zu allem Übel auch noch meine Ängste. Sport hätte meinem Körper heute Morgen definitiv besser getan. Und meinem Geist. Stattdessen sitze ich da mit diesem Müll in mir und bin jetzt erst mal damit beschäftigt. Auch in meiner Stillen Zeit.

Was hätte Gott mir heute Morgen gern gesagt? Ich muss zugeben, meine Stille Zeit war vor allem mit meinem Müll gefüllt. Ich weiß nicht, ob ich Gott überhaupt gehört habe. Gefühlt hat er schweigsam mit mir ein bisschen von dem Müll sortiert. Damit ich nicht ganz so vermüllt in den Tag starte.

Ich spüre keinen Vorwurf von Gott. Er hätte mir eine Riesenszene machen können, sagen können: „Kannst du nicht einmal …“ „Du weißt doch …“ „Warum muss ich immer deinen Müll …“ Nein, Gott war einfach da und hat mit mir Müll sortiert. Und vielleicht hat er auch gespürt, dass ich grad so voll bin, dass sogar jedes Wort von ihm zu viel ist.

Wenn ich Gott wäre, hätte es heute Morgen eine Szene gegeben. Dann hätte ich getextet, ein bisschen liebevoll, aber auch vorwurfsvoll. Ich hätte an den Verstand appelliert und an die Selbstbeherrschung. Und ich hätte vielleicht traurig und enttäuscht geguckt. Damit der Müllkopf es endlich mal lernt und einsieht.

Gott ist anders. Manchmal frage ich mich wieso. Wie kommt er auf die Idee, ich würde es lernen? Ja, manchmal kriege ich es hin, aber wie oft nicht. Morgen ist der Lerneffekt vielleicht da, aber spätestens nächste Woche gibt es die Wiederholung. Das weiß er besser als ich! Und er wird auch dann wieder gemeinsam mit mir meinen Müll sortieren.

Das Zitat heute in den Losungen stammte aus einer Liedstrophe: „Mein Erbarmer lässt mich nicht; das ist meine Zuversicht.“ (Karl Bernhard Garve) Es klingt altbacken, aber irgendwie passt es. Gott lässt mich nicht. Er lässt mich nicht sitzen. Er lässt mich nicht allein mit meinem Müll. Der Erbarmer fasst ihn an, macht sich schmutzig, hilft mir bei der Beseitigung. Immer wieder.

Jesus ist gestorben. Nicht nur für Mord und Totschlag. Auch für meinen Müll, der ihm viel zu oft den Platz wegnimmt. Dass ich darüber traurig bin, es bedaure, dafür kann Gott sich nichts kaufen. Er hat nichts davon.

Ich bleibe nachdenklich zurück. Ja, ich weiß, es tut mir gut, wenn ich auf mich achte, mich nicht zumülle und zustopfe, mich mit Gutem umgebe, Leerzeiten zulasse. Manchmal gelingt es mir. Und verleitet mich dann oft zu der Annahme, ich hätte es endlich geschafft. Ich muss über mich lächeln, sehe Gott lächeln. Wir wissen es besser.

Vielleicht ist es gut so, wie es ist. Nein, ideal ist es nicht. Und ja, ich hätte es gern anders. Aber ich bin unterwegs, ich lerne und staune und stolpere. Ich stopfe Gutes und Müll in mich hinein und gebe Gutes und Müll von mir. Und Gott ist derjenige, der beides – Gutes und Müll – gern mit mir ansieht und sortiert.

„Mein Erbarmer lässt mich nicht; das ist meine Zuversicht.“

Foto: pixabay, RitaE


Stephanie Kelm

ist verheiratet und zu Hause im Taunus. Sie liebt es, schreibend und wandernd Gottes Welt zu entdecken und ist staunend und stolpernd unterwegs ins Vertrauen.


6 Gedanken zu „Keinen Kopf für Gott“

  1. Liebe Stephanie,
    dein stolpern und staunen tut mir gut.
    ich lerne davon.
    ich denke manchmal, dass ich erst jetzt – im alter – überhaupt etwas von dem wahren gott begreife.
    es fließen viele tränen.
    ich hoffe, es verändert und bereichert mich.

    1. Liebe Sabine, so schön, von dir zu hören! Ich freue mich, dass meine Texte dir guttun. Ja, wir sind alle am Lernen und Werden. Im Rückblick sehen wir oft, wie wenig wir „damals“ begriffen haben. Aber Gott war damals mit uns und ist es heute. Ich wünsch dir, dass Gott dir nah ist und dir ganz viel von seiner Liebe zeigen kann. Ganz liebe Grüße!

  2. Hallo liebe Stephanie,
    in der Arbeitswelt und Informationsflut Welt mit allen Anforderungen, wie soll man da denn immer auf Empfang sein. Zwischen Bad Kaffee anziehen den Zug kriegen Nachrichten Hörn müd sein kein bock haben achja, Andacht und beten … sonst wird ja der Tag nix und Gott zieht den Segen zurück, ich glaub ein „Lieber Gott lass mich den Tag überleben ohne dass Blut fließt“ reicht dem lieben Gott als Vertrauensbeweis, ich bin bald 60 und ich hab das mit der Andacht täglich nie hingekriegt. ich brauch das auch nicht, braucht Gott das? ich hab beschlossen wenn ich nicht mag bringt Gott das auch nix, der brauch nix der hat alles.

    aber ich schick ihm viele Stoßgebete bitten viele Bitten … bitte lass den Zug Verspätung haben, bitte lass den Chef heute gute Laune haben
    und dann … dann dank ich, dass das so ist
    und ich spür Gott und sein Handeln … meist hinterher

    das gibt mir keine Zwangsandacht, kein 2 mal täglich abbeten

    Ruhe Gelassenheit Ausgewogenes Leben in allen Bereichen ist nicht unser Lebensalltag, das ist frommes Gesäusel, das ist nicht das Leben, in dem der Großteil lebt.
    wenn wir dann trotzdem Sehnsucht nach Frieden und Sinn haben, gehen wir von allein zu ihm … das sind tiefe Momente

    sei gnädig mit dir und der welt in der du lebst die wird nicht anders
    und Gott guckt eh in dich und nicht auf deine abgearbeitete Liste

    sei umarmt
    Christine

    1. Liebe Christine, deine Nachricht ist so gehaltvoll. Du könntest selbst einen Blog schreiben :). Ja, Gott braucht keine Form. Wie armselig wäre es, wenn wir ihn darauf festnageln würden. Und zugegeben, ich versuche es. Und mache doch mehr und mehr deine Erfahrung, dass nichts gemacht, sondern alles geschenkt ist. Ich bin ein Mensch, der die stillen Stunden sehr liebt und merke durchaus, dass Gott da zu mir spricht. Nicht immer, aber doch so, dass ich mich wirklich ärgere, wenn ich nicht in die Ruhe komme. Das ist aber vielleicht mehr mein Problem – Gott ist da vermutlich sehr viel gelassener. Dir weiterhin ganz viel Segen und danke für deine Gedanken! So wertvoll! Deine Stephanie

  3. guten Morgen meine liebe Stephanie,
    ich fahr grad zur Arbeit, uns stell dir vor der zug hatte Verspätung und ich komm pünktlich
    Danke lieber Gott

    und dir danke für deine Antworten
    deine Anerkennung tut mir so gut
    da bin ich eitel, oder bedürftig wie man es sehen will

    aber ich glaub ich muss mich entschuldigen bei dir
    ich wollte auf keinen Fall die suche nach ruhe und stille und einkehr kritisieren
    ich such das selbst und es ist so lebenswichtig
    ich wollte nur sagen dass es sich halt nicht immer einstellt
    und den Druck rausnehmen
    wenn ich dich getroffen hab verzeih mir bitte
    deine zeilen tun mir sooo gut
    so bin da
    der Arbeitskampf beginnt
    und wieder sag ich lieber gott steh mir bei und lass es nicht so wild werden
    ich denk an dich
    drücker
    Christine

    1. Liebe Christine, danke für deine Zeilen. Ich würde einfach sagen: Wir sind gemeinsam unterwegs – jede am Suchen und am Finden oder manchmal auch am Herumirren :). Entschuldigen musst du dich jedenfalls nicht, denn ich weiß, wie du es gemeint hast (aber deine Nachricht tut trotzdem gut! Danke!). Ich glaube, wir sind alle bedürftig – jedenfalls finde ich mich sehr darin wieder. Aber wir sind eben auch so geschaffen. Umso schöner, wenn wir uns gegenseitig guttun! Ich freue mich, dass du trotz Verspätung pünktlich gekommen bist! Hab einen segensreichen Tag! Deine Stephanie

Danke für deinen Kommentar.

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