Das Blatt Papier vor mir ist leer. Immer noch. Gern würde ich schreiben, was Gott gerade alles in meinem Leben bewegt. Doch im Moment ist in meinem Glaubensleben wenig Highlight – allerdings wartet der nächste Blogbeitrag.
Ich könnte in meinen alten Aufzeichnungen kramen und nach den besonderen Momenten suchen. Es gäbe genug, über das ich schreiben könnte. Aber ich denke: Nein. Was ich schreibe, soll echt sein. Auch solche Tage und Zeiten gehören dazu. Und wer das hier liest, soll nicht meinen, ich würde stets gut versorgt mit erhabenen Gedanken durchs Leben schweben.
Es gibt Höhen und Tiefen. Und es gibt das Dazwischen, in dem alles irgendwie läuft, allerdings eher unspektakulär, gleichförmig und ohne große Ausreißer nach oben oder unten. An solchen Tagen ist nichts dramatisch gut oder schlecht und Gott weder nah noch fern. Aber der Hauch des Besonderen fehlt. So, als hätte ihn ein fetter Kobold einfach verschluckt.
Ich merke, es fällt mir schwer, über solche Tage zu schreiben. Denn über was soll ich schreiben? Auch an solchen Tagen sitze ich früh an meinem Schreibtisch, zurzeit mit dem Lukasevangelium. Ich lese, aber es ist fast so, als würden die Buchstaben einfach friedlich an mir vorüberziehen – weder besonders berührend noch herausfordernd. Sie sind einfach da. Und ich bin da. Aber zwischen uns passiert nicht viel. Der Kobold eben.
Fast sehne ich mir in dieser Gleichförmigkeit ein bisschen Drama herbei. Dann hätte ich wenigstens einen Ansatzpunkt, könnte etwas unternehmen. Dieser Einheitsbrei dagegen macht mich hilflos, ich kann ihn nicht greifen, muss mich irgendwie hindurchschwimmen und auf den Moment warten, wenn der besondere Hauch wieder über mein Gesicht weht.
Ich bin erstaunlich gelassen im Moment. Es ist, wie es ist. Und so wenig ich Gott auch spüre, ist da auf der anderen Seite eine Vertrautheit, in der ich mich doch aufgehoben weiß. Vielleicht ist es ein bisschen wie in einer alten Ehe.
Dieses Jahr sind Ilian und ich 18 Jahre verheiratet. Noch immer gibt es die besonderen Momente, in denen unser Herz hüpft und wir einander genießen. Aber es gibt auch Alltag. Jeder hat seinen Rhythmus, seinen Beruf, eigene Herausforderungen.
Beim Frühstück sitzen wir uns gegenüber und halten manchmal unsere linken Hände, denn die sind frei. Mit den rechten Händen löffeln wir aus unseren Müslischalen und kauen schweigend vor uns hin. Es ist ein schönes Alltagsritual, durch das wir spüren: Der andere ist da. Auch wenn nachher wieder jeder seine Wege geht.
Sich nicht aus den Augen verlieren, beieinanderbleiben. Nicht auf die besonderen Momente warten, auch das Unspektakuläre als wertvoll betrachten, die Verlässlichkeit des Normalen schätzen. Wir sind ja verheiratet! Wir begegnen uns nach wie vor. Nur eben auch alltäglich.
Also sitze ich weiterhin jeden Morgen am Schreibtisch. Ich erwarte Gott und hoffe, dass mir das Lukasevangelium dabei hilft.
Unspektakuläre Tage müssen keine schlechten Tage sein. Vielleicht sind sie einfach nur Alltag – eben die Zeit zwischen den besonderen Momenten. Denn, würde ich die besonderen Momente überhaupt bemerken, wenn es die Tage der leeren Blätter nicht gäbe? Tage der leeren Blätter sind auch Tage der Erinnerung. Ich erinnere mich daran, dass Gott mich und meine Hand hält. Und es sind Tage der Sehnsucht. Weiße Blätter schreien danach, beschrieben zu werden. Nicht jedes wird am Ende voll mit Gott-Geschichten werden. Manches Blatt ganz sicher.
Foto: pixabay | Rita
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Stephanie Kelm
ist verheiratet und zu Hause im Taunus. Sie liebt es, schreibend und wandernd Gottes Welt zu entdecken und ist staunend und stolpernd unterwegs ins Vertrauen.
Danke, liebe Stephanie,
ich schreibe seit 8 Monaten ein Gebetstagebuch. Immer wenn ich solche unspektakulären Tage habe, lese ich von vorn… dann macht es mich froh, wieviel Gott in meinem Leben bewegt🙏
Liebe Grüße von Bea 😘
Liebe Bea, danke für deinen Kommentar! Ja, aufschreiben ist immer eine gute Idee. Man vergisst viel zu viel … Liebe Grüße und noch viele Segens-Seiten!