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Nachgedanken einer Reise

Seit fast einer Woche bin ich wieder zu Hause. Je länger ich wieder im eigenen Bett schlafe, desto mehr denke ich: Wahnsinn, was ich da gemacht und erlebt habe!

Ich habe in den letzten Tagen immer wieder darüber nachgedacht, was ich mitgenommen habe, was bleibt, wie und ob sich meine Reise zusammenfassen lässt. Aber so einfach ist das gar nicht. Zu viel habe ich in diesen Wochen erlebt. Jeder Tag hatte für sich Tausende von Eindrücken. Und in den letzten Tagen habe ich mich an so vieles erinnert.

Der Alltag, der mich jetzt wieder hat, erinnert mich auf seine Weise an die Tour. Wie anders vieles ist. Unser Wohnzimmer kam mir plötzlich ganz klein vor und mein Kleiderschrank so groß. Plötzlich muss ich wieder überlegen, was ich anziehe und ob meine Frisur sitzt. Wie kompakt ist doch das Leben, wenn man aus dem Rucksack lebt. Und wie egal ist manches in den Bergen.

Der erste Einkauf hat lange gedauert. Ich bin durch die vollen Regale geschlichen, habe länger überlegt als sonst. Ich habe die Fülle genossen und sie hat mich erschlagen. An den Pfirsichen bin ich lächelnd vorbeigegangen, weil sie mit den italienischen ohnehin nicht mithalten können. Die waren so lecker! Das Schokomüsli habe ich stehenlassen. Das brauche ich jetzt nicht mehr.

Ich muss mein Maß erst wieder finden. Im Moment esse ich noch viel zu viel. Mein Körper zeigt es mir. Er braucht nicht mehr so viele Kalorien. Ich habe mir diese Woche noch mal fett Pasta mit Tomaten gekocht. Irgendwie brauchte ich es. Ich war noch mal wie auf Tour und meine Seele hat einen kleinen Hüpfer gemacht.

Gelaufen bin ich erst mal gar nicht. Mein Körper hatte wohl genug. Auch spüre ich, dass meine Beine die Ruhe genießen. Inzwischen war ich ein paarmal spazieren – und wundere mich, wie ich noch vor einer Woche täglich so viel gelaufen bin. War das wirklich ich? Manchmal muss ich mich kneifen …

Ich genieße das Zuhausesein. Ich habe wieder mein Bett. Der gefüllte Kühlschrank ist ein Segen und ich darf endlich wieder an meinem Schreibtisch sitzen und meine Gedanken an dem Ort sortieren, an dem ich es gewohnt bin. Das Wiedersehen mit meinem Mann war einfach nur schön, wieder in echt miteinander reden, sich wieder in echt ansehen und berühren. Er hat mir gefehlt!

Einige Punkte sind mir als Fazit dennoch hängengeblieben. Manche davon sind banal, andere vielleicht tiefer. Und sicher sind es nicht alle. Aber ich dachte, ich teile sie einfach an dieser Stelle. Vielleicht kann der eine oder andere ja etwas davon mitnehmen. Die Reihenfolge ist beliebig!

  1. Wege sind anders als man denkt, selbst wenn man vorher gut plant.
  2. Es gibt keinen perfekten Tag, keine perfekte Etappe. Jede hat ihre Schönheiten und Tücken.
  3. Nur mit kleinen Schritten kommt man gut hoch und runter.
  4. Lange Etappen werfen lange Schatten. Mut zu Kürze und Pausen.
  5. Stille Plätzchen sind goldwert.
  6. Manche Berge sind zu groß für mich.
  7. Schönheit muss man auch entdecken.
  8. Einfach nur im Gras liegen und in die Wolken gucken ist wunderbar.
  9. Grashüpfer, Salamander, Murmeltiere, Kühe, Esel, Ziegen, selbst Spinnen sind gute Gefährten.
  10. Nie ohne Karte und GPS unterwegs sein.
  11. Vertraute Wege gehen ist schön.
  12. Aus guten Kurzkontakten kann man atmen.
  13. Es gibt an mehr Stellen Internet als gedacht.
  14. Der Herbst schleicht sich leise an.
  15. Italien ist schön.
  16. Am Draußenschlafen ist vor allem der Abend schön.
  17. Das Glück ist nicht automatisch in den Bergen zu finden.
  18. Hütten sind tolle Zufluchten. Aber Frühstück auf Hütten kann ziemlich mickrig sein.
  19. Man ist auf so einer Tour nicht automatisch Gott nah. (Ausführlicher siehe mein Beitrag Ich bin bei ihr“)
  20. Es ist erstaunlich, wie schnell man zu Fuß vorankommt.
  21. Zu zweit starten ist einfacher als allein.
  22. Irgendwann ist der Kopf leer.
  23. Es gibt überall freundliche Menschen.
  24. Schönheit ist nicht Vollkommenheit.
  25. Ich muss meinen Weg gehen, andere gehen ihren. Begegnungen sind Begegnungen. Ich muss nicht wissen, ob der andere ankommt.
  26. An schöne Aussicht kann man sich gewöhnen. Ausblicke können auch enttäuschen.
  27. Die Fragen sind wichtig: Was will ich? Was brauche ich? Was suche ich?
  28. Auf so einer Tour fühlt man alles. Man fühlt sich auch verloren, fehl am Platz, irritiert, traurig, wütend, überfordert, stellt alles und sich in Frage.
  29. Warme Duschen sind toll.
  30. Als Weitwanderer müffelt man.
  31. Gott kümmert sich.
  32. Man kann auch Busfahren.
  33. Murmeltiere melden sich von allein.
  34. Gott drängt sich nicht auf, zerrt nicht an mir, stellt keine Ansprüche, ist einfach da.
  35. Ankommen braucht Zeit. Vollbremsen geht nicht.
  36. Man braucht ein Ziel. Zwischenziele helfen.
  37. Nicht verpassen wollen ist eine schlechte Motivation.
  38. Ab und zu ein Hotelzimmer tut gut.
  39. Schreibzeiten sind Zeiten für die Seele.
  40. Die Zeit zum Almabstieg kommt bestimmt. Die Natur gibt den Rhythmus vor.
  41. Nach Hause kommen ist schön.

Stephanie Kelm

ist verheiratet und zu Hause im Taunus. Sie liebt es, schreibend und wandernd Gottes Welt zu entdecken und ist staunend und stolpernd unterwegs ins Vertrauen.


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