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Glauben genügt

Glauben – wie war das damals zu Luthers Zeiten? Und wie glaube ich heute? Luther habe ich es zu verdanken, dass ich keine Angst vor Gott haben muss.

Gedanklich hänge ich gerade in der Reformation. Der Reformationstag, der 31. Oktober, hat sich wie ein Stoppschild vor mir aufgestellt und ich merke: Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das damals zu Luthers Zeiten war.

1517

Hätte ich damals im Jahr 1517 gelebt, ich hätte keine Bibel im Schrank. Weil es keine gab. Zumindest keine auf Deutsch. Und auch keine gedruckte. Ich müsste glauben, was die Kirche mir erzählt.

Hätte ich damals im Jahr 1517 gelebt, ich hätte die Ablassprediger beim Wort genommen und fleißig Ablassbriefe gekauft. Damit ich in den Himmel komme und meine Angst vor dem Fegefeuer loswerde.

Hätte ich damals im Jahr 1517 gelebt, ich hätte nicht gewusst, dass mein Glaube an Christus reicht. Ich hätte wie Luther Angst vor Gott, weil ich ihm nie genügen kann und seine Strafe fürchten muss.

Im Jahr 1517 wäre Gott für mich ganz weit weg gewesen, streng und unerreichbar. Wenn ich meinen Glauben gemalt hätte, dann wäre da ganz viel braun und schwarz gewesen. Viel Angst, viel Bemühen alles richtigzumachen – und null Geborgenheit und Zuversicht.

Ich bin froh, dass ich im Jahr 2023 lebe.

2023

Ich habe mindestens zehn Bibelübersetzungen auf Deutsch im Bücherregal stehen und online Zugang zu weiteren. Ich kann mir mein eigenes Bild von Gott machen, nachlesen, habe direkten Zugang zu ihm.

Im Jahr 2023 lächle ich über die Ablassbriefe und kann doch nachvollziehen, warum Menschen damals ihr Vermögen dafür ausgegeben haben. Für Hoffnung, Zukunft und Gewissheit würde auch ich bezahlen.

„Allein aus Glauben“ – heute weiß ich, dass ich durch Christus gerettet bin. Dass mein Glaube an ihn reicht. Und doch fällt es mir noch immer schwer, das zu glauben. Wie mag es erst denen gegangen sein, die das nicht wussten?

Befreiung

Luthers Botschaft war Befreiung. Plötzlich war Heilsgewissheit auch für die möglich, die nichts im Portemonnaie hatten. Plötzlich war klar, dass die Kirche ein fettes Geschäft mit der Angst macht, aber Gott eigentlich ganz anders ist. Gott ist anders!

  • Gott ist gnädig. Er verlangt nichts Übermenschliches von mir. Nur Glauben.
  • Jesus ist für mich gestorben. Weil ich mich selbst nicht retten kann. Ich bin Sünder.
  • Ich darf Frieden mit Gott haben und mich auf meine Zukunft mit ihm freuen.

Hätte ich 1517 gelebt, ich hätte bei dieser Botschaft durchgeatmet, ungläubig geguckt und irgendwann wäre ich durch die Gegend gerannt und hätte vor Freude getanzt. Gott ist gnädig! Ich bin gerettet! Wie irre ist das denn!

Luther und ich

Im Jahr 2023 sitze ich an meinem Computer und buchstabiere die Gedanken der Reformation immer noch durch. Ja, manchmal renne ich befreit und tanzend durch die Gegend. Aber wie Luther erwischen mich auch immer wieder Zweifel. Ist Gott wirklich so gut, wie er sagt? Gibt es den gnädigen Gott?

Luther hat sich immer wieder hoffnungsvoll an Gott gehängt, hinein in diese Hoffnung verankert. Er hat Gott beim Wort genommen und dieses Wort nicht losgelassen. Hartnäckig. Stur. Daran klammernd. „Gott hat es gesagt. Also stimmt es!“

Gott hat es gesagt. Also stimmt es. – Luther hat recht.

„Da wir nun gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch unsern Herrn Jesus Christus. Durch ihn haben wir auch den Zugang im Glauben zu dieser Gnade, in der wir stehen, und rühmen uns der Hoffnung auf die Herrlichkeit, die Gott geben wird.“ (Römer 5,1–2)

Gerecht geworden.
Frieden mit Gott.
Durch Christus.
Zugang zur Gnade.
Hoffnung auf Herrlichkeit.

Es gilt 1517 wie 2023. Ich will es glauben, mich daran hängen, die Hoffnung nicht loslassen. Ich will vor Freude darüber durch die Gegend rennen und rufen: Wie irre ist das denn?

„Glaube ist eine lebendige, verwegene Zuversicht auf Gottes Gnade. Und solche Zuversicht macht fröhlich, mutig und voll Lust zu Gott und allen Geschöpfen“, so Martin Luther.

Ich wiederhole mich. Luther hat recht.

Foto: pixabay | Jackson David


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Stephanie Kelm

ist verheiratet und zu Hause im Taunus. Sie liebt es, schreibend und wandernd Gottes Welt zu entdecken und ist staunend und stolpernd unterwegs ins Vertrauen.


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