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Kann ich Gott zu gut denken?

Kann ich Gott zu gut denken? Kann ich mit meinem Gut-Denken über ihn in einem falschen Gottesbild landen und dabei an Gott vorbeiglauben?

Fragen an Gott

Kann ich Gott zu gut denken?

Ich habe mir in den letzten Jahren mühevoll ein neues und gutes Gottesbild erarbeitet, doch ab und zu schleicht sich die Frage ein: Was ist, wenn Gott in Wirklichkeit doch nicht so gut ist, wie ich ihn mir zurechtdenke? Kann mein Gottesbild zu gut sein?

In diesem Blogbeitrag denke ich über diese Fragen nach dem Gottesbild nach und suche in der Bibel nach Antworten.

Wie gut ist Gott?

Es gibt zahlreiche Stellen in der Bibel, die zeigen: Gott ist gut und er ist der absolut Gute. In vielen Bibeltexten ermutigt Gott uns Menschen, ihn groß zu denken, ihm Gutes zuzutrauen und ein gutes Bild von ihm zu entwickeln. Hier einige Beispiele:

  • „Gott ist Liebe.“ (1. Joh 4,8) – Gott liebt nicht nur, sondern er ist von seinem ganzen Wesen durch und durch Liebe und damit gut.
  • „Niemand ist gut als Gott allein.“ (Lk 18,19) – Gott ist der Einzige, der zutiefst gut ist und sich gut nennen darf.
  • „Die Liebe ist langmütig und freundlich …“ (1. Kor 13,4–7) – Wenn Gott Liebe ist, dann redet das Hohelied der Liebe nicht nur von menschlicher Liebe, sondern vor allem von Gottes echter und reiner Liebe zu uns.
  • „Du aber, Herr, Gott, bist barmherzig und gnädig, geduldig und von großer Güte und Treue.“ (Ps 86,15; siehe auch Ps 103,8; 116,5; 145,8; 2. Mo 34,6) – Gott zeigt sich immer wieder mit diesen absolut guten Eigenschaften, wird so beschrieben und dafür gelobt.

Die Texte hinterlassen den Eindruck bei mir: Ich kann Gott gar nicht gut genug und groß genug denken. Er ist gut, zugleich ist und bleibt er der Unbegreifliche.

Mein Denken ist begrenzt

Als Mensch ist mein Denken in Bezug auf Gott, mein Bild von Gott immer begrenzt. Gott ist der Schöpfer, ich bin das Geschöpf. Ich kann Gott nicht völlig begreifen und verstehen. Er ist zu groß, als dass er in meine Schubladen passen könnte.

Gott sagt zu Jesaja: „Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR, sondern so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.“ (Jes 55,8–9)

Im Grunde denke ich Gott eher viel zu klein als zu groß, denn mein Verstand kann ihn, seine Liebe, sein Gutsein überhaupt nicht fassen.

Ich kann Gott nicht zu gut denken, ich kann ihn eigentlich nur zu klein denken.

Demnach muss ich eher schauen, dass meine menschliche Vorstellung Gott nicht zu arg limitiert. Denn ich kann Gott gar nicht erfassen. Er entzieht sich meinem Verstand und meiner Logik. Mein Bild von ihm wird immer ein Schatten sein, so groß ich ihn auch denke.

Gott gut denken – Gott gibt mir Bilder dafür

Gott möchte, dass wir eine Vorstellung von ihm haben. Im gesamten Alten und Neuen Testament gebraucht er immer wieder Vergleiche, um zu zeigen: So bin ich!

Diese Bilder entstammen der Natur und dem Lebensalltag und machen Gott damit zumindest ein Stück begreifbar, zeigen unterschiedliche Facetten von ihm. Zum Beispiel:

  • Gott als Adler, der über seinen Jungen schwebt und sie trägt (5. Mo 32,11)
  • Gott als Arzt, der sich darum kümmert, dass sein Volk gesund bleibt (2. Mo 15,26)
  • Gott als Burg und schützende Zuflucht (Ps 18,3)
  • Gott als Hebamme, die mich ins Leben leitet und dafür sorgt, dass ich sicher im Leben lande (Ps 22,10)
  • Gott als Hirte, der sich um seine Schafe kümmert und ihnen gibt, was sie brauchen (Ps 23)
  • Gott als Licht, das erhellt und rettet (Ps 27,1)

Weitere Bezeichnungen für Gott sind unter anderem: Behüter (Ps 121,5), Fels (2. Sam 22,47), Held (Jer 20,11), König (Ps 93,1), Mutter (Jes 66,13), Quelle (Ps 36,10), Retter (Lk 1,46), Richter (Ps 50,6), Schild (Ps 7,11), Sonne (Ps 84,12), Vater (Ps 103,13).

Hütte in den Alpen als Rufigio
Gott ist eine Zuflucht. So ist Gott.

All diese Bilder wecken positive Vorstellungen und offensichtlich gibt Gott seinem Volk bewusst diese Gottesbilder mit, damit es weiß: So ist Gott! Und er gibt sie, damit es sich in dieses Bild hineindenken kann. Er will also, dass wir ihn gut denken können, eine Vorstellung von ihm haben, ein richtiges Gottesbild.

Auch hier habe ich den Eindruck: Ich kann Gott nicht zu gut denken. Im Gegenteil, er ist gut und er möchte mir mit diesen Bildern helfen, mir sein Gutsein auszumalen, soweit es möglich ist.

Gott gut denken – Gott gibt mir Jesus als Bild

Neben all den Bildern, die Gott gibt, schickt Gott in Jesus ein ganz besonderes Bild von sich auf die Erde. „Wer mich sieht, der sieht den Vater“, sagt Jesus (Joh 14,9). Johannes beschreibt Jesus so: „Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit … voller Gnade und Wahrheit.“ (Joh 1,14)

In Jesus wird Gottes gutes Wesen greifbar – vielfach im Kontrast zum menschlichen kleinkarierten Denken. Die Pharisäer und Schriftgelehrten muss Jesus wiederholt darauf hinweisen, dass Gott anders ist. Weiter. Liebevoller. Barmherziger. Er kritisiert ihre Enge und Härte, ihr falsches Bild von ihm. Weil er anders ist.

„Denkt Gott größer! Denkt ihn besser! Sein Wesen hat absolut nichts mit eurer Enge und euren Schubladen zu tun!“, ruft Jesus den Frommen seiner Zeit immer wieder zu.

Die Verachteten dagegen saugen Jesu Güte auf wie einen Schwamm. Er ist genau ihr Gott. Und das, was sie nicht zu hoffen wagen, ist Realität: Dieser Gott ist für sie und durch und durch gut zu ihnen.

Jesus räumt mit den Gottesbildern seiner Zeit auf, hält den Pharisäern und Schriftgelehrten immer wieder einen Spiegel vor und sagt ihnen: „Wie ihr Gott denkt, so ist Gott nicht! Ihr stellt ihn euch völlig falsch und kleinkariert vor. Er ist anders! Er ist guter Vater!“

ausgerissenes Papierkreuz
Jesus stirbt für mich. So ist Gott.

Wie anders Gott dem Menschen zugewandt ist, zeigt sich letztlich, als Jesus ans Kreuz geht und dort für uns stirbt. Hier offenbart sich Gott als sich verschenkender Gott, als zugewandter Gott, als rettender Gott. Und er agiert als Gott, der die Forderungen selbst erfüllt, die er durch seine Heiligkeit und Gerechtigkeit aufstellt.

Falsche Gottesbilder – Einseitigkeit, Vermenschlichung und Illusion

An den Zeitgenossen Jesu wird deutlich, dass man sehr wohl ein falsches Gottesbild haben kann. Die Pharisäer dachten Gott zu eng – kann ich ihn also auch zu weit und gut denken?

Ich bin mittlerweile überzeugt, dass ich Gott nicht zu gut denken kann. Er ist einfach gut. Und das werde ich nie erfassen können. Ich kann Gott in seinem Gutsein nie überschätzen, eher unterschätzen. Trotzdem kann mein Gottesbild in eine Schieflage geraten. Drei Gedanken dazu:

Mein Gottesbild kann einseitig werden, wenn ich mir nur bestimmte Eigenschaften Gottes herauspicke, die anderen aber unterschlage. Gott ist uneingeschränkt für mich. Ja! Zugleich ist er der Heilige, Souveräne, Gerechte.

Mein Gottesbild kann auch vermenscheln, wenn ich in meinem Denken aus Gott einfach einen netten Menschen mache, einen Kumpel und Freund, einen Nachbarn. Hier sperre ich Gott in meiner menschlichen Vorstellung ein, anders als die Pharisäer, aber ganz ähnlich.

Mein Gottesbild kann auch eine Illusion sein, losgelöst von der Realität. Ohne Verbindung zu Gott lässt sich Gott nicht verstehen. Ich kann viel denken, aber wenn ich Gott selbst und seinem Wort als Korrektiv keinen Raum gebe, lebt meine Fantasie völlig losgelöst von dem, wer Gott wirklich ist.

„Wenn du ihn verstehst, dann ist es nicht Gott.“

Augustinus

Was bedeutet das Gebot „Mach dir kein Bildnis“?

Das zweite Gebot lautet: „Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist: Bete sie nicht an und diene ihnen nicht!“ (2. Mo 20,4–5)

In der Antike gab es viele religiöse Kulte, die ihre Gottheiten künstlerisch abbildeten und auch anbeteten. Gott wendet sich mit seinem Gebot gegen diese Praxis, weil er nicht möchte, dass Menschen Bilder verehren und anbeten statt ihn. Das Verbot richtet sich nicht gegen die bildliche Darstellung. Es verbietet jedoch die Herstellung von Bildern zum Zweck der Anbetung oder Verehrung. Kunstwerke, die dazu dienen, Gott zu verherrlichen, sind also nicht verboten. Jesus selbst verwendete Gleichnisse und Bilder.

Verbundenheit mit Gott führt zu einem richtigen Gottesbild

Ein verlässliches Bild von Gott erhalte ich also nur, wenn ich mich mit ihm verbinde. Mein menschliches Denken kann ganz sicher auch im Kontakt mit Gott zu falschen Schlüssen kommen. Doch wenn ich mit Gott in Berührung bin, kann er mir immer wieder neu zeigen, wie er ist.

Jesus hat das falsche Gottesbild der Pharisäer und Schriftgelehrten immer wieder kritisiert, sein eigentliches Problem mit ihnen war aber die fehlende Offenheit für Gott. Ihre Frömmigkeit hatte ein Eigenleben entwickelt, in dem Gott kein Wörtchen mehr mitzureden hatte. Das war das Problem.

Eine übermäßige Sorge darum, ob ich ein falsches Bild von Gott habe, ihn zu gut denke, ist nicht angebracht und Jesus ruft auch nicht dazu auf. Er lädt einfach nur ein zur Verbindung mit dem Vater und er weiß: Wo Menschen mit Gott verbunden sind, ist alles gut, sind Austausch und Kursänderung möglich.

Vertrauen statt Verstehen

Als Kopfmensch will ich Gott begreifen, erfassen, mir ganz sicher sein. Als Gott entzieht sich Gott meinem Denken und Verstehen. Zugleich hat Gott mir genug von sich offenbart, dass ich weiß: Er ist gut, wirklich gut.

Auch in einer menschlichen Beziehung begreife ich mein Gegenüber nie völlig. Trotzdem habe ich in meinen Freundschaften, in meiner Ehe ein Grundvertrauen, eine Grundverbindung, die gut damit leben kann, dass sie nicht alles durchschaut. In guter Verbindung, im Vertrauen wiederum kann ich es aushalten, nicht alles zu wissen.

Letztlich ist es nicht die Frage „Denke ich Gott zu gut?“, sondern „Bin ich mit Gott verbunden?“.

Diese Verbundenheit wächst, verändert sich, ist manchmal stärker, manchmal weniger stark. Aber solange Berührungspunkte da sind, kann Gott mich führen, sich mir zeigen, kann ich ihn „sehen“.

Kann ich Gott zu gut denken? Ich glaube nein. Gott ist gut. Absolut. Durch und durch. Er hat keine Abgründe wie ich, tickt nicht aus, ist nicht manipulierbar. Er ist völlig rein, wahr und voller Liebe. Ganz sicher habe ich keine Ahnung davon, wie gut Gott wirklich ist. Wirklich keine.

Paulus betet wohl nicht umsonst für die Epheser, dass sie begreifen, „welches die Breite und die Länge und die Höhe und die Tiefe“ der Liebe Christi ist, „die alle Erkenntnis übertrifft“ (Eph 3,18–19). Ein gutes Gebet, finde ich.

Fotos: pixabay | StockSnap (Titel), Sergio Cerrato – Italia, congerdesign


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Stephanie Kelm

ist verheiratet und zu Hause im Taunus. Sie liebt es, schreibend und wandernd Gottes Welt zu entdecken und ist staunend und stolpernd unterwegs ins Vertrauen.


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