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Ruhe schaufeln

  • Bibel

In diesem Beitrag erzähle ich, wie ich Ruhe suche und finde, sie mir manchmal auch kaputtmache und was mich bei diesem Thema an Gott erstaunt.

Runterkommen

Ich liege im Wohnzimmer auf der Isomatte. Eigentlich ist sie unsere Sportmatte, manchmal dient sie aber auch einfach nur als Ruheort und Platz, an dem ich mich strecken und wieder weiten kann.

Das Liegen am Boden tut mir gut. Ich spüre den Boden an Hinterkopf, Schultern, Po, Waden, Fersen. Im Rücken knackt es ein wenig. Je länger ich liege, desto mehr sinke ich ein in den blauen Schaumstoff. Lasse los.

Mein Blick geht zur weißen Zimmerdecke. Meine Augen mögen die Ruhe, die sie ausstrahlt. Manchmal wandern sie von einem Punkt der Raufasertapete zum anderen. Wenn ich hier liege, dürfen meine Augen machen, was sie wollen, müssen nicht auf Bildschirme starren.

Bye-bye News!

Gestern habe ich meine Nachrichten-App vom Handy geschmissen. Ich habe es nicht geschafft, nicht reinzuklicken. Immer wieder bin ich darin hängengeblieben. Ja, ich war informiert, aber ich lasse mich auch von Nachrichten erschrecken und wuschig machen. Ich will das nicht mehr.

Wann habe ich das letzte Mal eine Nachricht verpasst? Vielleicht sollte ich mal wieder was verpassen. Verpassen kann guttun. Befreien.

Etwas verpassen. Nicht dabei sein. Ruhen. Und dadurch gewinnen. Isomatten-Momente. Offline-Zeiten. Einfach nur herumliegen. Den Augen und Gedanken Auslauf gönnen.

Taschen voll mit Mühe

In Prediger 4,6 steht ein Text zur Ruhe, der es trifft: „Besser eine Hand voll mit Ruhe als beide Fäuste voll mit Mühe und Haschen nach Wind.“

„Besser eine Hand voll mit Ruhe als beide Fäuste voll mit Mühe und Haschen nach Wind.“

Prediger 4,6

Wie oft habe ich beide Fäuste voll mit Mühe, dazu am besten noch die Hosentaschen voll davon und die Jackentaschen auch. Dann noch meine Handtasche. Alles voller Mühe. Und ich schaffe doch auch viel! Und bin stolz darauf. – Der Text schüttelt zu meinem Mühen den Kopf.

„Besser eine Hand voll Ruhe“, hält er mir entgegen. Und er hat recht. Eine Hand voll Ruhe kann so viel ändern. Schon eine einzige! Ich weiß es doch eigentlich. Aber wie schnell hasche ich nach dem Wind, lasse mich mitreißen und mittreiben, jage und hetze.

Eine Hand voll Ruhe

Für eine Hand voll Ruhe muss ich meine Voll-mit-Mühe-Fäuste öffnen – die Mühe einen Augenblick links liegen lassen, ihre erbosten Augen und ihren Fingerzeig auf die Uhr ignorieren. Und ihr Scharren mit den Füßen, das mir weismachen will, ich müsste jetzt weiterrennen.

Eine Hand voll Ruhe.

Ich stelle mir die Ruhe gerade wie einen großen Sandhaufen vor. Ich liebe es, in große Sandhaufen hineinzuspringen, mit Sand zu spielen. Wenn dieser Sandhaufen Ruhe wäre, wie leicht wäre es dann, eine Hand voll Ruhe aufzunehmen. Oder zwei. Oder eine ganze Schaufel voll.

Ruhe ins Leben schaufeln. Mit Fäusten kann man nicht schaufeln.

Gott rät mir zu einer Hand voll Ruhe. Er gibt mir sogar Schaufeln, damit ich die Ruhe in mein Leben schaufeln kann. Er erfindet den Sabbat als wöchentliche Auszeit. Er sagt mir Ruhe zu, wenn ich bei ihm andocke. Er schafft die Nacht, tägliche Ruhezeit. Er schöpft die Natur und schickt mich spazieren.

Hände voll Ruhe

Wenn ich die Bibel lese, dann scheint Ruhe ein Ziel Gottes für mich zu sein. Gott will keine gestressten Gotteskinder und kein frommes Gerenne. Er verlängert auch nicht täglich meine To-do-Liste um weitere fünf sinnvolle Punkte. Er hat Ruhe für mich im Sinn.

Ruhe.

„Kommt alle her zu mir, die ihr euch abmüht und unter eurer Last leidet! Ich werde euch Ruhe geben.“ (Mt 11,28 Hfa) Sind Gottes Hände voll Ruhe?

Die Frage berührt mich. Der Gedanke macht mich neugierig auf Gott. In mir steht gerade Freude auf. Ist Gott so? Ist er so gut? Hat er Ruhe für mich im Sinn? Macht er mit mir genauso gern Urlaub wie das Gemeinde-Event oder den Abwasch?

Ich sehe Gott nicken, höre ihn sagen: „Ja.“ Er schmunzelt. Drückt mir die Ruhe-Schaufel in die Hand. Und ich merke mal wieder, mein Bild von Gott ist noch längst nicht weit genug, groß genug, gut genug.

Ich sollte öfter Ruhe schaufeln.

Foto: pixabay | Pexels


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Stephanie Kelm

ist verheiratet und zu Hause im Taunus. Sie liebt es, schreibend und wandernd Gottes Welt zu entdecken und ist staunend und stolpernd unterwegs ins Vertrauen.


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