Ich sehne mich nach Gottes Blick. Nach seinen Augen, die meine treffen und mich aufmunternd anschauen. Nach seinen Augen, die sagen: Friede mit dir!
Verbindung suchen, Blicke wagen
Ich sehne mich danach, dass sich Gottes Augen und meine wieder begegnen. Sich verbinden.
Heute Morgen habe ich Markus 5 gelesen. Es ist die Geschichte, in der die seit 12 Jahren blutende Frau sich durch die Menge zu Jesus durchschlägt, um seinen Saum zu berühren und gesund zu werden – und sich wieder davonzuschleichen.
Das ist der Plan. Und ein bisschen kann ich die Frau verstehen. Heilung im Stillen. Ohne großen Wirbel. Hauptsache gesund! Denn eigentlich ist sie mit ihrem Bluten ja unrein und dass sie überhaupt Nähe zu Menschen wagt, oha! Das ist verboten. Gut, dass die Leute nicht wissen …
Zunächst geht ihr Plan auf. Ihre Fingerspitzen erreichen den Rock Jesu. Sofort spürt sie: „Ich bin geheilt!“ Sie hat ihr Ziel erreicht. Jetzt kann sie endlich zurückkehren ins Leben.
Doch Jesus lässt ihr den stillen Abgang nicht.
Auf seine Frage „Wer hat mich berührt?“ tritt sie schließlich zitternd hervor und erzählt ihre Geschichte. Mit niedergeschlagenen Augen, so stelle ich es mir vor. Dann redet Jesus. Seine Worte umarmen sie. „Meine Tochter, dein Glaube hat dich gesund gemacht; geh hin in Frieden und sei gesund von deiner Plage!“
Spätestens jetzt, ich spüre es, sehen sie sich in die Augen. Spätestens jetzt wagt die Frau es, Jesus anzuschauen. Spätestens jetzt ist sie wirklich eine Befreite.
Jesu Blick verbindet
Was mag Jesu Blick ihr bedeutet haben? Ihr, der Leidenden und Ausgeschlossenen. Jesu Blick ist ein ganz anderer Blick als die Blicke, die ihr die letzten Jahre zugeworfen wurden. Oft mitleidig. Verächtlich. Hilflos. Und viele Augen haben sicher auch weggeschaut. An ihr vorbei.
Ich sehne mich nach Gottes Blick. Unsere Blicke finden sich viel zu selten.
Zugleich dachte ich heute Morgen: Aber ich habe doch auch Worte, die Gott schon zu mir gesprochen hat! Ich habe doch auch Blicke, die Gott mir schon zugeworfen hat! – Die Frau hatte doch auch nur diesen einen Moment, so vermute ich es zumindest.
Sie hatte diesen einen Moment. Und vermutlich ist ihr erst hinterher wirklich aufgegangen, was da gerade geschehen ist. Wie oft mag sie sich gedanklich in diesen Moment zurückgebeamt haben, hineinverkrochen wie in einen schützenden Mantel. Denn das war doch wirklich passiert! Jesus hatte zu ihr gesagt …
Gott, wo bist du?
Ich sehne mich nach Gottes Blick. Ja, es gab diese Momente in meinem Leben, da haben sich unsere Blicke getroffen. Ja, ich werde sie nicht vergessen. Aber ich brauche so viel mehr davon. So viel mehr.
Manchmal liegt es daran, dass ich Gott nicht in die Augen sehe. Aus Scham oder Geschäftigkeit. Manchmal ist er mir zu egal oder er will gefühlt zu viel von mir. Also gucke ich lieber weg oder besser erst gar nicht hin. Und manchmal suchen meine Augen Gott, aber finden ihn nicht und fragen: „Gott, wo bist du?“
Ich sehne mich nach Gottes Blick. Ich sehne mich nach seinem Ja über meinem Leben. Ich sehne mich nach seinen freundlichen und aufmunternden Augen. Nach seinem Alles-ist-gut-Blick.
Gott, wo bist du? Wo bin ich?
Sein Angesicht leuchtet
Mir fällt ein Segen ein. Es ist der Segen, von dem Gott Mose sagt: „So sollt ihr sagen zu den Israeliten, wenn ihr sie segnet“ (4. Mose 6,23). Die Israeliten. Gottes Volk. Ich. So will Gott mich segnen. Die Worte kommen von ihm! ER sagt: So sollt ihr sagen und segnen.
„Der HERR segne dich und behüte dich; der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.“ (Vers 24–26)
Vielleicht taucht in diesem Segen nicht umsonst zweimal Gottes Angesicht, Gottes Gesicht auf – und damit auch Gottes Blick. Gottes Blick, der über mir leuchtet. Und Gottes Blick, der auf mir ruht. Gnädig und friedevoll.
Ich sehne mich nach Gottes Blick. Unsere Blicke finden sich viel zu selten. Aber er ist da. Gott ist da.
Zugewandt. Aufmunternd. Zuversichtlich.
Foto: pixabay | pexels
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Stephanie Kelm
ist verheiratet und zu Hause im Taunus. Sie liebt es, schreibend und wandernd Gottes Welt zu entdecken und ist staunend und stolpernd unterwegs ins Vertrauen.