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Offene Rechnungen

Vertrauen? Pustekuchen! Mein Misstrauen steht so viel schneller auf der Matte – Menschen und Gott gegenüber. Eine liebevolle Lektion von Gott.

Die unbezahlte Rechnung

Ich hatte von Anfang an ein eigenartiges Gefühl. Der Kunde wollte das Lektorat vor allem schnell haben, die Absprachen wurden nicht eingehalten und als ich dann die Rechnung rausmailte, dachte ich noch: Mal sehen, ob die bezahlen …

Die Zahlungsfrist verstrich und in mir wuchs das mulmige Gefühl. Ich ärgerte mich, fühlte mich hilflos, ausgeliefert. Immer wieder beruhigte ich mich damit, dass es ja um keine große Summe ginge. Viel half es nicht. Nach Mahnverfahren hatte ich längst gegoogelt.

Ich überlegte und beschloss, einen Anruf zu wagen. Vielleicht würde man mich ja in die Buchhaltung durchstellen und ich könnte mehr erfahren. Aber was, wenn nicht? Das Misstrauen hatte sich in mir breitgemacht.

Ich betete und wählte die Nummer. Würde der Anruf helfen?

Das Freizeichen erklang zweimal, dann klackte es in der Leitung und eine nette Frauenstimme in meinem Alter meldete sich am anderen Ende. Ich stammelte mein Anliegen und bat ums Durchstellen zur Buchhaltung. Würde sie sich darauf einlassen?

„Ich bin die Buchhaltung!“, kam es als Reaktion vom anderen Ende. Und ich war überrascht und hatte plötzlich das Gefühl: Alles wird gut. – Schnell stellte sich heraus, dass meine Rechnung gar nicht eingegangen war. Ich hatte meine Rechnungsmail aus Versehen ohne Anhang verschickt!

Eigenleben Misstrauen

Es war mir peinlich. Wie war das nur passiert? Ich gucke doch immer so genau! Zugleich war ich erleichtert. Gut, dass ich freundlich nachgefragt hatte, ohne Beschuldigungen. Und gut, dass ich noch keine Mahnungen geschrieben hatte! Nicht auszudenken, wenn …

Was hatte mich diese Sache die letzten Tage gequält! Dabei wäre die Lösung so einfach gewesen.

Ich bin mal wieder schockiert, wie schnell mein Misstrauen aufwacht und wie rasch es sich aufbläst und ein Eigenleben entwickelt. Dann passt in meiner Denke zwar alles zusammen, aber die Wahrheit ist doch eine völlig andere! In meinem Fall sogar das Gegenteil!

Zugegeben, mit diesem Kunden ist nicht alles ideal gelaufen, aber ihm gleich eine schlechte Zahlungsmoral zu unterstellen oder Böswilligkeit. Das will ich doch gar nicht! Und doch passiert es mir. Und stellt eher mir das schlechte Zeugnis aus, nicht meinem Gegenüber.

Wenn Gott in meiner Negativspirale hängt

Ich frage mich: In welche Schublade stecke ich Gott? Was unterstelle ich ihm? Was traue ich ihm zu? Und mit welchen Augen sehe ich Menschen?

Vertrauensaugen wären gut, auch wenn nicht immer alles gut wird. Auch als Vertrauensmensch werde ich nicht nur gute Erfahrungen machen. Aber vielleicht werde ich auch nicht so viele schlechte machen, wie ich manchmal meine. Denn Menschen sind immer noch Menschen wie ich. Und da ist auch viel Gutes.

Und Gott ist immer noch Gott.

Gott ist immer noch Gott, der gute Vater, der stolze Bruder, der treue Freund.

Ja, vielleicht habe ich manchmal ein eigenartiges Gefühl und vielleicht reihen sich Umstände ungünstig aneinander. Vielleicht komme ich dadurch sogar zu dem Schluss, Gott hält nicht, was er verspricht. Er zahlt die Rechnung nicht. Und ich sitze da und komme mir hilflos vor. Alleingelassen. Aufs Abstellgleis gestellt. Betrogen. Das kann sein. Es kann sein!

Ich habe Gott schon manches Fragezeichen zum Himmel geschickt, mich abgerungen an ihm, mich gefragt: Was mache ich falsch? Und gemeint, ich sei ihm nicht wichtig genug, er habe mich vergessen oder zumindest hintenan geschoben. In die Warteschleife, so nach dem Motto: Soll sie doch Geduld lernen.

Und ich hilflos. Enttäuscht. Gefangen in meiner negativen Denkspirale. Als wüsste ich, was Gott gerade denkt.

Aber Gott ist immer noch Gott, der gute Vater, der stolze Bruder, der treue Freund.

Du kannst mir vertrauen

Ich habe die Rechnungsmail noch einmal geschickt, dieses Mal mit Anhang. Ich bin zuversichtlich, dass mein Kunde die Rechnung begleichen wird. Ich habe die Dame aus der Buchhaltung kennengelernt. Ich vertraue ihr.

Ist es wirklich so einfach?

Kenne ich Gott vielleicht einfach nicht gut genug?

Mein Vertrauen zu Gott und Menschen braucht ganz sicher noch viele Wachstumsschübe. Und doch denke ich gerade: „Gott wird seine Rechnung bezahlen. Ganz bestimmt! Er ist immer noch Gott, der gute Vater, der stolze Bruder, der treue Freund.“

Und fast habe ich den Eindruck, die Erfahrung mit dem Kunden und der vergessenen Rechnung, sie war ein Geschenk von Gott und die leise Erinnerung: „Du kannst mir vertrauen. Wirklich.“

Foto: pixabay | Milada Vigerova


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Stephanie Kelm

ist verheiratet und zu Hause im Taunus. Sie liebt es, schreibend und wandernd Gottes Welt zu entdecken und ist staunend und stolpernd unterwegs ins Vertrauen.


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