Menschen werden wegrationalisiert, wo es nur geht. Gesichter verschwinden, das Persönliche geht dabei verloren. Gott macht es anders.
Ich bin im Baumarkt und steuere mit einer Pflanze in der Hand die Kasse an. Da bemerke ich, dass die Kassiererinnen wegrationalisiert sind. Stattdessen sind Stationen aufgebaut, an denen ich als Kunde allein meine Artikel scannen kann. Es klappt alles, sogar reibungslos, aber es fühlt sich schal an. Unpersönlich.
Zehn Minuten später im Supermarkt. Auch hier bin ich eine Weile nicht gewesen. Als ich an die Kasse komme, zahlt vor mir gerade ein älteres Pärchen. Ich warte. Einer nach dem anderen, völlig klar. Doch die Kassiererin zieht nahtlos meine Sachen übers Band, sieht mich erwartungsvoll an. Ich bin irritiert.
Erst als sie mich auffordert, ans Kartenzahlungsgerät zu gehen, begreife ich: Ihre Kasse ist mit zwei Warenschächten und zwei Zahlungsgeräten ausgestattet. Kunden können hier parallel bezahlen. Und sie kann parallel kassieren.
Begegnung wegrationalisiert
Betroffen trete ich aus dem Geschäft. Erst jetzt wird mir bewusst, wie gut es mir tut, wenn Menschen an der Kasse sitzen und die Kassiererin in diesem einen Moment, den ich vor ihr stehe, nur für mich persönlich da ist. Offensichtlich ist das ein Auslaufmodell. Schade!
Eigentlich bin ich ein Mensch, der gern effektiv arbeitet und dem Dinge nicht schnell genug gehen können. Aber hier und heute stehe ich ratlos auf dem Parkplatz.
Wegrationalisierte Begegnungen. Hauptsache, alles geht schnell. Alles Menschliche wird dabei gestrichen, der Einkauf zur Abfertigung – ohne Zeit, sich in die Augen zu blicken oder „Einen schönen Feierabend“ zu wünschen.
Machen wir Menschen das aus dieser Welt?
Ich spiele dieses Spiel oft mit, schiebe Menschen in meinem Kalender hin und her und manchmal stören sie meine Ruhe auch einfach nur. Kassierstationen sind einfacher als Menschen. Kassierstationen machen, was sie sollen. Sie erwarten nichts.
Nur, warum hat Gott keine Kassierstationen erfunden?
Gott schickt keinen Roboter
Im Paradies, in das Gott den Menschen am Anfang hineingesetzt hat, gab es keine Kassierstationen und keine Massenabfertigung. Es gab Begegnungen. Menschen begegneten sich. Menschen begegneten Gott. Punkt.
Gott wusste wohl, dass wir Begegnung brauchen und Blicke. Er stellt Mose keinen Bildschirm vor die Nase, sondern redet mit ihm wie mit einem Freund. Maria schickt er keine WhatsApp, sondern einen Engel. Und auch Samuel erhält seine Nachricht ganz analog: Gott redet mit ihm.
Echte Begegnung. Ist es nicht das, was Menschsein ausmacht? Sind wir noch Menschen, wenn wir Begegnungen wegrationalisieren?
Gott macht den Garten Eden und setzt Adam und Eva hinein. Persönlich. Abends fragt er sie immer nach ihrem Tag. Als sie sich an einem Abend verstecken, sucht er sie und findet sie. Seitdem sucht Gott uns Menschen immer wieder.
Er schickt keinen Roboter.
Er kommt selbst. Persönlich. Zeigt sich in Jesus von Angesicht zu Angesicht. Setzt sich an die Kasse, ins Boot, ins Haus der Schwiegermutter von Petrus und in das des Zöllners Zachäus.
Begegnung mit Herz
Gott geht es nicht darum, sein Reich möglichst schnell und effektiv zu bauen. Ohne Frage könnte er das. Stattdessen will und wagt er die Beziehung mit Wesen, die oft meinen, schlauer zu sein als er.
Gott geht es um Beziehung. Wir eliminieren sie.
Der technische Fortschritt hat ohne Zweifel sein Gutes. Zugleich tut es mir weh zu sehen, wie Geräte Menschen ersetzen und wie sehr wir auf Bildschirme starren, statt in Gesichter zu blicken. Ich auch.
Gottes ist anders. Er schaut mich an. Er sieht mir in die Augen, klopft mir auf die Schulter, geht mir nach, besucht mich. Er erhebt mich aus dem Staub. Er könnte den coolsten Roboter bauen und als kompetente Vertretung schicken. Er tut es nicht. Er kommt selbst.
Er sucht Beziehung und Begegnung. Weil er weiß, dass man so am besten lieben kann.
Er hat sein Herz verschenkt. An uns. An dich. Er will dir in die Augen blicken, weil er es liebt, in deine Augen zu sehen. Er will mit dir reden, weil er gern deine Stimme hört. Er will hören, wie es dir geht, weil du ihm ans Herz gewachsen bist.
Echte Begegnung mit dir. Das will Gott. Danach sehnt er sich. Dafür lebt und stirbt er.
Das ist vielleicht nicht sehr wirtschaftlich. Aber es ist persönlich. Und mit Herz.
Foto: pixabay | Frauke Riether
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Stephanie Kelm
ist verheiratet und zu Hause im Taunus. Sie liebt es, schreibend und wandernd Gottes Welt zu entdecken und ist staunend und stolpernd unterwegs ins Vertrauen.