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Zu bemüht vor Gott

So vertrauensvoll mit Gott sein wie mit meiner besten Freundin, und nicht so bemüht. Warum mir das immer noch viel zu selten gelingt. Und was mir Mut macht.

Freundschaft als Raum der Ruhe

Ich bin immer noch so bemüht in meiner Beziehung zu Gott. Ich lass nicht los, lass mich nicht fallen, ich bin nicht entspannt bei Gott und will immer noch alles richtig machen.

Vor ein paar Tagen habe ich ein paar Sätze über Freundschaft gelesen, die mich direkt mit der Nase hineingestupst haben: Echte Freundschaften bedeuten Ruhe und Entspannung. Sofort hatte ich das Gesicht meiner besten Freundin vor Augen.

Sie wohnt auf der Schwäbischen Alb und eigentlich viel zu weit weg für mich, die ich in Mittelhessen lebe. Manchmal, wenn wir beide viel zu tun haben, telefonieren wir extra. Weil es nie verlorene Zeit ist, sondern immer Zugabe. Eine halbe Stunde Urlaub mitten am Tag.

Rumlümmeln auf dem Sofa, reden, ohne die Worte abzuwägen, lauschen, mit der anderen in Gedanken unterwegs sein, gemeinsam kichern. Einfach nur zusammen sein im Jetzt – trotz Staubflusen in den Ecken und Stapeln auf dem Schreibtisch.

Gott zufriedenstellen wollen

Meine Beziehung zu Gott ist anders. Im Kontrast zu dem, was ich mit meiner Freundin erlebe, bin ich bei Gott oft so bemüht und so wenig entspannt.

Ich versuche herauszufinden, was es ist. Warum bin ich bei Gott so angespannt? Warum denke ich immer noch, ich müsste? In mein Tagebuch habe ich geschrieben: „Wenn ich die Dinge schon nicht hinkriege, sollte ich mich doch wenigstens bemühen und Einsatz zeigen. Zeigen, dass ich es ernstmeine mit Gott. Er soll sehen, dass es sich lohnt, in mich zu investieren.“

Der letzte Satz kam einfach aus mir rausgeschossen. Und plötzlich ist es wieder da: das alte Bild. Das Bild von einem Gott, der etwas von mir haben soll, wenn er in mich investiert. Gott als Investor, der zufriedengestellt werden muss.

Das alte Gottesbild lebt noch

Eigentlich habe ich diesem Gott längst Lebewohl gesagt. Dem Gott, der abends den Daumen vor meinem Gesicht hoch- oder runterhält. Dem Gott, den ich im Grunde nur enttäuschen kann. Und dem Gott, in dessen Schuld ich ewig stehe. Und deswegen motiviert sein sollte …

Ich habe diesem Gott Adieu gesagt, diesem Gottesbild. Ich weiß, dass Gott anders ist. Trotzdem steckt das Alte noch in mir drin, die Angst vor Gottes enttäuschtem Blick, die Befürchtung, dass er sich doch abwendet von mir. Und deshalb bin ich bei Gott nicht wie bei meiner Freundin.

Obwohl er mir Freund sein will.

Vor Gott sein wie ich bin

Bemüht – so stehe ich vor Gott. Das wieder einmal bewusst wahrzunehmen, hilft mir. Es macht mich traurig. Aber ich darf es annehmen und sagen: Ja, das bin ich.

Ich bin immer noch nicht die, die bei Gott loslässt, vertraut. Ich bin immer noch nicht die, die entspannt und gedankenfrei auf Gottes Sofa lümmelt. Ich stecke immer noch mittendrin in meinem Gefall-Versuchen, in meiner Hab-Acht-Stellung und in dem Bemühen, richtig zu sein oder zumindest nicht falsch.

Ich fühle mich immer noch nicht sicher bei Gott. Und versuche deshalb permanent, mich selbst zu sichern. Aufzupassen. Nicht zu viel falsch zu machen. Und ein bisschen was richtig.

Mittendrin in seiner Güte

Wie muss ich sein, damit Gott mich mag? Die Antwort: „Es ist völlig egal, wie ich bin.“ Mein Hirn sagt mir: „Das kann nicht sein!“ Und so bemühe ich mich weiter – obwohl ich eigentlich längst mittendrin bin in Gottes Wohlwollen.

Mittendrin.

Egal, was ich tue. Ich bin mittendrin in Gottes Lächeln. Egal, was ich denke. Ich stecke mittendrin in seinem Herzen. Egal, was ich sage, ich liege mittendrin in seinem freundlichen Blick. Auch dann, wenn ich wegrenne, in mir festhänge, keine Kurve kriege, mich in meiner Sehnsucht verliere.

Auch dann bin ich mittendrin in Gottes Güte.

Mein Leben wird wohl in dieser Spannung bleiben, aus der mich Gott immer wieder herausholen muss. Denn wenn ich zu sehr in meine Welt und meine Sicht der Dinge abtauche, bin ich gefangen in meiner Realität und finde gedanklich nur schwer zurück in seine Welt.

Aber Gott ruft mich, lockt mich. Er sieht mich freundlich an. Ich bin längst mittendrin in seiner Güte. Und wenn mir das klar wird, kann ich sogar für einen Moment loslassen. Ausatmen. Und entspannen wie bei meiner Freundin.

Foto: pixabay | Jess Foami


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Stephanie Kelm

ist verheiratet und zu Hause im Taunus. Sie liebt es, schreibend und wandernd Gottes Welt zu entdecken und ist staunend und stolpernd unterwegs ins Vertrauen.


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