Psalm 23 erzählt von einer Schafherde und einem guten Hirten. Ich tauche ein in Lottes Welt, einem Schaf aus der Herde. Der Psalm beginnt, in mir zu leben.
Heute habe ich nach einem Namen für ein Schaf gesucht. Manches braucht für mich einfach einen Namen, damit ich es mir besser vorstellen kann. Also habe ich meinen Kopf rauchen lassen – und gegoogelt. Und war dann erst mal baff. Millionen Suchtreffer! Für Schafnamen?
Den Namen für mein Schaf habe ich schnell gefunden: Lotte. Der Name Lotte passt gut. – Aber wozu brauche ich überhaupt einen Namen für ein Schaf?
Lotte ist mein Schaf aus Psalm 23. Und ganz sicher hat Lotte Geschwister und Eltern und rennt nicht allein herum, sondern in der Herde. Aber zum Nachdenken habe ich mir Lotte ausgesucht. Und ich frage mich, wie es ihr so in der Herde, mit dem Hirten, in ihrem Schafleben geht.
„Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“
Psalm 23,1 | Lotte braucht sich keine Sorgen zu machen. Ich fühle das! Sie hat alles und wenn nicht, ist ihr Hirte zur Stelle. Und der ist Gemütsmensch, geduldig und freundlich – und immer auf Zack. Wenn Lotte Hilfe braucht, ist er da. Und wenn die alte Wiese abgefressen ist, weiß er schon die nächste.
Ich beneide Lotte gerade darum, dass sie so einen tollen Hirten hat. Wie gern würde ich mit ihr tauschen. Zugleich denke ich: Ich habe doch auch so einen tollen Hirten!
„Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.“
Psalm 23,2 | Lotte hat genug. Sie hat saftiges Gras, im Frühling sogar ihre Lieblingsknospen, und für Wasser ist immer gesorgt. Sie kann herumtoben, wie sie mag, oder sich einfach ein stilles Fleckchen suchen. Gedanken muss sie sich keine machen. Dafür ist der Hirte da!
Habe ich genug? Wenn ich ehrlich bin, habe ich mehr als genug, auch wenn ich manches nicht habe. Ich bin versorgt. Und viele Gedanken müsste ich mir gar nicht machen, aber ich mache sie mir trotzdem. Dabei habe ich doch einen Hirten wie Lotte …
„Er erquicket meine Seele; er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.“
Psalm 23,3 | Lotte ist umsorgt. Ihr geht es auch innen drin richtig gut. In dieser Herde, bei diesem Hirten blüht sie auf. Ich sehe sie in der Sonne über die Wiese springen. Ich beobachte sie, wie sie ihrem Hirten über Wege und Straßen folgt. Wie selbstverständlich. „Warum sollte ich nicht?“, sieht sie mich fragend an.
Lotte stellt viel weniger Fragen als ich. Sie stellt weniger infrage. Sie weiß einfach, dass ihr Hirte gut und sie ohne ihn aufgeschmissen ist. Also folgt sie ihm. Sie fühlt sich sicher, weil er da ist. Und sie fühlt sich frei, denn er passt doch auf sie auf. Warum nur komme ich manchmal auf den Gedanken, Gott würde mich einengen?
„Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.“
Psalm 23,4 | Manchmal ist es finster und Lotte fürchtet sich. Im Dunkeln ist alles so anders. Gefährlicher. Sie sieht nichts. Trotzdem weiß sie: Es kann nichts passieren. Und sie hört es! Denn der Hirtenstab dotzt bei jedem zweiten Schritt auf dem Boden auf. Solange sie dieses Geräusch hört, ist alles gut.
Der Gedanke mit dem Hirtenstab fasziniert mich. Gott bei jedem zweiten Schritt hören. Wie gern würde ich das? Dennoch redet Gott auch im Dunkel in mein Leben hinein. Die Regelmäßigkeit und Verlässlichkeit fehlen mir dabei oft. Trotzdem, er ist doch da. Er lässt seine Lotte nicht allein.
Lotte und ich
Beim Schreiben fällt mir auf, dass es für mich gar keine Frage ist, ob Lottes Hirte gut ist. Er ist gut und er ist richtig gut. Fürsorglich, aufmerksam, weise, liebevoll. Und wenn es sein muss und ein Wolf im Anmarsch ist, ist er auch schnell, stark und beschützend.
Und es fällt mir auf, wie wichtig der Hirte für Lotte ist. Sie hat ihn im Blick. Sie vertraut ihm. Bei ihm fühlt sie sich sicher. Und wenn es nur das gleichmäßige Klacken seines Stabes auf dem Boden ist. Im Grunde ist es ihr völlig egal, was um sie herum geschieht. Sie lässt sich nicht erschrecken, nicht ablenken. Und sie weiß: Solange er in ihrer Nähe ist und sie in seiner, ist alles gut. Alles.
Und ich?
Wie oft bin ich im Außen und lasse mich von diesem und jenen erschrecken? Wie sehr sorge ich mich manchmal um mein Auskommen und die nächste grüne Wiese? Wie schutzlos fühle ich mich manchmal? Dabei bin ich doch Gottes Lotte!
Volle Gläser auf dem Buffet
Der Psalm geht weiter. Jetzt wechselt die Perspektive. Jetzt wird aus dem Schaf Lotte ein Mensch – vielleicht ich? Und jetzt wird mir der Tisch gedeckt, bestimmt ein tolles Buffet, und meine Feinde müssen zusehen! Dann salbt mir Gott die Stirn. Nein, er wäscht mir nicht den Kopf, er salbt mich. Und er schenkt mir voll ein. Halbvolle Gläser gibt es bei Gott nicht! (Psalm 23,5)
Der Schlusssatz des Psalms ist ein Versprechen. Es ist das Versprechen, dass nicht nur jetzt für mich gesorgt ist, sondern dass mir das Gute – Gottes Güte, so die Elberfelder Übersetzung – folgen wird! Gottes Güte, Gnade und Barmherzigkeit werden mir folgen wie eine Dienerschaft. Sie werden mir nachgehen und dafür sorgen, dass ich sicher nach Hause komme. (Psalm 23,6)
Es steckt viel drin in diesem Psalm. Er macht mich froh. Er ermutigt mich. Und wenn ich Gottes Lotte bin, dann kann doch eigentlich nichts schiefgehen, oder?
Foto: pixabay | Anke Sundermeier
Du magst Schafe auch und willst mehr lesen? Hier geht’s zu meinem Beitrag „Eine Stunde unter Schafen“.
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Stephanie Kelm
ist verheiratet und zu Hause im Taunus. Sie liebt es, schreibend und wandernd Gottes Welt zu entdecken und ist staunend und stolpernd unterwegs ins Vertrauen.